Lena Hirschenberger hat es weit gebracht: Im 2338 Kilometer entfernten Tel Aviv arbeitet die junge Grazerin bei Clique.Al, einem jungen Startup im Hi-Tech-Bereich. Zuvor hat sie in Graz bei einer Unternehmensberatung gearbeitet und war auch lange beim IdeenTriebwerk tätig. Nun ist sie schon seit über einem halben Jahr in Israels Startup-Metropole und gewährt uns einen Einblick in die Szene und in ihre Erfahrungen.
Von Anna Dunst.
Clique.Al ist ein sehr junges Startup und arbeitet an verschiedenen Lösungen für Communitymanager. Communitymanager unterstützen die Mitarbeiter eines Unternehmens zusammenzukommen, sich zu einem Thema auszutauschen oder gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten. Österreichische Beispiele sind die Female Founders oder der Social Impact Hub. Ihre Tätigkeit gefalle ihr trotz der anfänglich nötigen Umstellungsphase sehr gut, erzählt Lena. Von der Unternehmungsberatung in den Bereich Produktmanagment zu wechseln, komme einer Drehung um 180 Grad gleich. “Als ich hier angefangen habe, habe ich auf unserer Plattform Communities dabei unterstützt, zu wachsen und zu interagieren. Da wir uns extrem schnell weiterentwickeln, hat es nicht lange gedauert, bis wir ein neues Produkt entwickelt haben, für das ich jetzt verantwortlich bin – eine Community-Map.“
Die Armee Israels als “Gründerzentrum”
Die erfolgreichsten Startups in Israels Startupszene kommen derzeit ganz klar aus dem Cybersecuritybereich, berichtet Lena. Dass man diese Startups in Österreich kaum kennt, liege vor allem daran, dass sie nicht im Endkonsumentenbereich arbeiten würden.
Auch die Süddeutsche Zeitung hat sich im Jahr 2017 im Artikel “Israel – Weltrekordhalter unter den Startups” mit dem Mythos der boomenden Startupszene in Tel Aviv befasst. Sie schreibt damals von 6500 Startups, die auf 8,5 Millionen Einwohner kommen. Das sei – verhätnismäßig – ein Weltrekord. Auf die Frage, wie Israelis die florierende Gründerszene sehen würden, antwortet Lena: “Cybersecurity ist dort ein großes Thema, weil – bis auf orthodoxe Juden – jeder zum Militär muss.Dort lernen dann viele Menschen programmieren.” Auch die SZ erwähnt den Militärdienst als wichtigen Faktor für die israelische Hi-Tech-Affinität und bezeichnet die Armee sogar als eine Art “Gründerzentrum”. Aufgrund vieler umliegender Feinde und des militärischen Konflikts im Inneren bestehe die israelische Armee nicht nur aus Soldaten, schreibt die SZ. Die klügsten Köpfe des Landes würden an den neuesten Technologien arbeiten, um Gefahren zu erkennen und sie abzuwehren. Daraus entstehen wiederum Ideen für Startups.

Lena berichtet zudem von den gemischten Gefühlen der Israelis hinsichtlich der Startupszene: “Einerseits bringt sie sehr viel Reichtum in die Region, andererseits ist es für andere Branchen schwierig mitzuhalten. Wer im Hi-Tech-Sektor arbeiten kann, hat gewonnen. Wer nicht, muss sich mit sehr hohen Lebenserhaltungskosten herumschlagen.Andererseits weiß die Bevölkerung aber auch, dass das Wachsen der Branche auch ihnen selbst zugute kommt: Bessere Technologie bedeutet mehr Sicherheit vor Anschlägen. Das ist leider so.”
Startups in Graz und Tel Aviv – die Unterschiede
“Ich habe das Gefühl, dass die Israelis ein wenig unverschämter sind als wir Österreicher. Zuerst tun, dann schauen was passiert. Hier wird ohne mit der Wimper zu zucken gegründet, groß und international gedacht. Es werden wichtige Leute ohne Scham angerufen”. Lena erzählt außerdem von der schnellen Arbeitsweise der GründerInnen Tel Avivs. Es würde kaum geplant oder dokumentiert, die Devise laute: Testen, testen, testen – machen, machen, machen. Was sie in Tel Aviv vermisst? “Gratis Makava und Marry beim Startupspritzer”, sagt Lena mit einem Augenzwinkern. Außerdem ergänzt sie: “Was bei uns in Europa im Allgemeinen noch viel größer geschrieben wird, ist der Konsumentenschutz. Das macht uns langsamer, aber irgendwie menschlicher und fehlt mir hier. Da können sich andere Länder noch viel abschauen.” Die Investitionen aus den USA und China, die in die israelischen Startups fließen, könnte man auch hierzulande gut gebrauchen, schließt Lena den Vergleich zwischen den beiden Szenen.

Ab Anfang August sei sie wieder in Graz, erzählt Lena. Was sie dann macht? “Das werde ich dann sehen. Das werde ich testen, testen, testen und dann werde ich mich entscheiden.” Den israelischen Leitsatz hat Lena jedenfalls schon gut verinnerlicht. Wir wünschen ihr viel Glück für ihre Zukunft!