Der Jubel und die große Aufregung um den 50. Startup Spritzer und die erstmalige Präsentation der neuen Vorstandsmitglieder klingen langsam wieder ab. Für die neue Präsidentin Julia Leitinger ist das die berüchtigte Ruhe vorm Sturm. Im Interview spricht sie über das Leben als Gründerin, die Ziele des Vereins und wie es sich anfühlt, das neue Gesicht des IdeenTriebwerks zu sein.
Von Isabella Zick.
Am 21. Februar war es soweit: Der 50. Startup Spritzer ging zur großen Freude des IdeenTriebwerks erfolgreich über die Bühne. Gut drei Wochen nach dem Spektakel treffe ich Julia Leitinger, die frischgebacke Präsidentin des IdeenTriebwerks, in ihrem Büro in der Karlauerstraße. Das Strahlen der 25-Jährigen bei der Begrüßung wird nur von dem Sonnenschein auf der Dachterrasse ihres Büros übertroffen. Dort setzen wir uns zum Gespräch, vor mir thront die neue Präsidentin, hinter ihr der Schlossberg.
Ich kannte das IdeenTriebwerk schon länger, habe es aber nie zu einem Spritzer geschafft – leider. Im Oktober hat mich dann eine Freundin, eine ehemalige WG-Mitbewohnerin von Denise (Anm.: ehemalige Präsidentin), wieder darauf aufmerksam gemacht. Ich habe dann auf Facebook die Stellenausschreibung für Graphik und Design gesehen und mich gleich beworben. Seitdem bin ich dabei. Mir war natürlich bewusst, dass die ehrenamtliche Arbeit viel Zeit und Energie in Anspruch nimmt, aber ich hatte schon damals das Gefühl, von der Arbeit profitieren zu können und sah die Chance mich selbst weiterzuentwickeln.
Momentan habe ich vor allem die Aufgabe das IdeenTriebwerk bestmöglich zu repräsentieren. Das fiel mir am Anfang gar nicht leicht, da ich nicht gerne im Mittelpunkt stehe. Ich sehe es aber als Lernprozess und persönlichen Ansporn. Natürlich geht es auch viel ums Netzwerken, neue Leute kennenlernen und darum, seinen eigenen Horizont zu erweitern.
Ich bin eine gute Vermittlerin. Es fällt mir nicht schwer Probleme anzusprechen und bei Meinungsverschiedenheiten einen Konsens zu finden. Ich kann mich gut in andere hineinversetzen und versuche immer, die andere Meinung zu verstehen, selbst wenn sie sich absolut von meinen eigenen unterscheiden. Grundsätzlich bin ich immer bemüht eine Lösung zu finden. Als Schwäche sehe ich, dass ich schlecht delegieren und Arbeit abgeben kann. Ich denke mir dann immer, ich könnte es doch auch selbst erledigen. In meiner jetzigen Position bin ich aber optimistisch beides zu lernen.
Auf jeden Fall plane ich, die zwei Jahre der Vorstandsperiode als Präsidentin beim Verein zu bleiben. Ich finde die Zeitspanne auch gut gewählt, da der Verein von Veränderung lebt und auch andere die Chance haben sollten, im Vorstand tätig zu sein.
Gegründet habe ich zusammen mit meiner Freundin Heidi im Frühjahr 2016. Durch viel Mundpropaganda sowie Familie und Freunde als erstes kleines Netzwerk bekamen wir auch bald die ersten Aufträge. Insgesamt ist es aber eher langsam angelaufen. Wir arbeiteten damals noch beide 20 Stunden pro Woche als Angestellte. Das hat uns rückblickend viel Energie geraubt, aber wir konnten daraus lernen und wissen nun, worauf wir uns konzentrieren müssen.
Beim IdeenTriebwerk musste ich noch nie zweifeln. Es herrscht ein irrsinniger Zusammenhalt und die Mitglieder unterstützen sich gegenseitig wo sie nur können. Als Gründerinnen wurden uns auf jeden Fall Stolpersteine in den Weg gelegt, die uns auch manchmal zweifeln ließen – aber nicht verzweifeln. Ich bin froh, dass wir beide stets die Nerven behalten und keiner von uns gleich das Handtuch wirft.
Wir hatten anfangs die Sorge, ob wir denn auch ohne ein bereits bestehendes Netzwerk genügend Aufträge bekommen würden. Das hat sich Gott sei Dank nicht bewahrheitet. Man sollte aber auf keinen Fall denken, dass die Selbstständigkeit das goldene Los ist, mit dem man sofort reich wird. Die größten Herausforderungen waren für uns tatsächlich die bürokratischen Vorbereitungen. Trotz der Hilfe der Wirtschaftskammer war es eine kleine Hürde für uns, mit der Informationsflut, die einen bei einer Neugründung überkommt, umzugehen. Man muss wirklich viele wichtige Überlegungen machen.Was ist die geeignete Unternehmensform, gründet man alleine oder im Team,was ist ein realistischer Finanzplan? Außerdem: Man sollte sich wirklich gut überlegen, wen man sich zum Geschäftspartner macht. Nur weil man sich super mit seiner besten Freundin oder Schwester versteht, heißt das noch lange nicht, dass man auch optimal zusammenarbeitet.
Ja, wenn der Wille da ist. Man muss einen gewissen Drive haben und mit voller Überzeugung und Leidenschaft an dem eigenen Produkt, oder der Dienstleistung arbeiten. Außerdem ist es wichtig, auch mal ein Risiko einzugehen.
Die Grazer Gründer-Szene ist wirklich gut vernetzt. Die Leute sind sehr offen und man hilft sich gegenseitig. Schon nach kurzer Zeit kennt man sich untereinander, aber es gibt auch immer wieder neue Gesichter, die zu den Startup Spritzern kommen. Was auch bemerkenswert ist: Es gibt keinen Ideenklau oder Neid und Konkurrenzkampf. Ist ein Startup erfolgreich, feiern die anderen mit. Diese gegenseitige Unterstützung ist nicht selbstverständlich!
Das gesamtes Ecosystem ist eigentlich super aufgestellt. Auch der „Großstadt“ Wien steht Graz meiner Meinung nach um nichts nach. Graz ist eine tolle Gründungsstadt!
Momentan ist alles noch in Planung. Was wir bereits verraten können ist, dass wir das Netzwerk des Vereins noch weiter internationalisieren wollen. Auch GründerInnen aus den Nachbarländern sollen bei uns die Möglichkeit haben, sich unterstützen zu lassen. Wir wollen auch als „Verknüpfer“ stärker auftreten und Startups dabei helfen, die nötigen Kontakte zu bekommen.
Danke für das Interview, Julia. Ganz viel Glück für deine Zeit als Präsidentin!
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